Fußball am Scheideweg – Ein Epos in drei Teilen – Teil 4 oder: Epilog
In einem anderen Text erläuterte ein Kaot, wie der Druck auf unsere kleine Fanszene seit dem Aufstieg in die Regionalliga stetig wächst. Die Polizei legt Akten über uns an, einfach weil sie es können. Passiert ist zwar noch nichts, aber es könnte ja. Einer von uns könnte ja beschließen, über die Mauer… äh den Zaun rüber zu machen, um in den Westen… äh den Heimblock zu kommen (blöde Wortfindungsschwierigkeiten ;-)). Wäre ja auch zu viel verlangt, wenn man erst mit dem Ermitteln anfangen würde, wenn es auch einen Vorfall gegeben hat, so Tatort-Style: Erst wenn ’ne Leiche da ist, kann’s los gehen. Aber das macht wohl zu viel Sinn…
Ich frage mich nun langsam aber sicher, wie es weiter gehen soll. Können wir uns diese Behandlung bei jedem Auswärtsspiel aufs Neue gefallen lassen? Wo ist die Grenze erreicht? Sind wir nicht schon drüber? Das Traurige ist, dass ich jetzt schon nach wenigen Spieltagen merke, wie ein gewisser Radikalisierungprozess einsetzt. Ich werde behandelt wie eine tickende Zeitbombe, warum also sich auch nicht gleich wie eine verhalten? Noch kann ich über die Allüren von etwas schlichteren Gemütern bei Ordnungsdiensten und Vereinsfunktionären lachen. Aber irgendwann hilft auch die größte Portion Humor nicht mehr, um mit diesem Irrsinn klar zu kommen. Wenn das Ohnmachtsgefühl und damit einhergehen die Wut immer größer wird, ist, so befürchte ich, irgendwann der Punkt erreicht, an dem alles raus muss (wie auch immer das dann geschieht). Spiele wie das am Dienstag beim HSV II (btw shame on you, wenn du nicht da warst!) helfen zwar ein wenig, da sie einem noch mal zeigen, warum man das Ganze macht („Ultra zurück auf die Ränge“ und so). Aber irgendwann reicht auch das nicht mehr.
Manchmal denke ich, dass es das Beste wäre, direkt wieder abzusteigen. Aber dann erinnere ich mich an die letzte Saison in der Oberliga und bemerke, dass auch dort die Repressionsschraube immer weiter gedreht wurde und wird. Das Paradies, das die fünfte Liga vor über vier Jahren darstellte, ist nicht mehr. Die öffentliche Hysterie und Panikmache im Zusammenhang mit Fußballfans hat nun mehr auch den Amateurfußball voll im Griff. Ich bin mal gespannt, ob irgendwann mal einer merkt, dass in der Oberliga im Gegensatz zur Bundesliga für jeden heraus gerepressionten (geile Wortkreation, oder? ;-)) Zuschauer eben nicht zehn neue kommen…
Eine weitere Alternative wäre es, die Zweite mehr bzw. ausschließlich zu unterstützen. Wir haben schließlich vor 4,5 Jahren beschlossen, die Bundesliga, bekanntermaßen aus genau solchen Überlegungen heraus, hinter uns zu lassen. Also warum nicht einfach noch einmal ein paar Ligen nach unten flüchten? Dieser Gedanke ist einerseits sehr verlockend, weil zumindest temporär wieder etwas mehr Luft zum Atmen da wäre, andererseits bereitet er mir arge Bauchschmerzen. Wir sind schon einmal geflüchtet, weil wir einfach keine Chance im Kampf gegen den sogenannten „Modernen Fußball“ sahen. Sollten wir das Gleiche einfach noch mal machen? Oder ist es an der Zeit zu kämpfen? Gar nicht mal um die Leute, die Phrasen à la „Wer nicht kämpft, hat schon verloren“ dreschen, zu befriedigen. Aber wie weit wollen wir uns denn noch zurück drängen lassen? Es ist doch fast schon abzusehen, dass uns selbst in der Bezirksliga nicht dauerhaft Ruhe vergönnt sein würde. Andererseits denke ich mir halt auch, dass meinetwegen vier Jahre Ruhe mit der Zweiten vielleicht wertvoller sein könnten, als vier Jahre Krampf mit der Ligamannschaft in der Regionalliga oder auch Oberliga. Zwischen der Option die letzten Jahre in der Bundesliga Herumgekrampfe und 4,5 Jahre Nordkaos, würde ich jedenfalls ohne zu zögern immer wieder Nordkaos wählen.
Vielleicht ist es aber auch einfach an der Zeit anzuerkennen, dass aktive Fußballfans in diesem Lande nicht erwünscht sind. Das könnte egal sein, wenn der Gegenspieler (Staat, Verbände etc.) nicht permanent am längeren Hebel sitzen würde und einem den ganzen Spaß (ja, dazu macht man das Ganze eigentlich, klingt heutzutage vielleicht komisch, ist aber so) versauen würde. Irgendwann gehen einfach auch die Optionen aus. Der früher für mich kaum denkbare Gedanke, sich ohne Rücksicht auf Konsequenzen für Verein und Szene mit einem lauten Knall zu verabschieden und seine Energie und Freizeit mit anderen Dingen zu verbringen (Basketball soll ganz interessant sein hab ich gehört ;-)), ist zumindest da, wenn auch (noch?) nicht wirklich ernsthaft. Ein lautes „Ihr könnt uns mal, macht euren Scheiß doch alleine“ schien nichtsdestotrotz noch nie so verlockend. Und das ist eine verdammt erschreckende Erkenntnis, die dem einen oder anderen Vertreter diverser Interessensgruppen, die dieses Machwerk garantiert auch lesen, zu denken geben sollte. Allein, mir fehlt der Glaube…