Trainingslager Tag 5
Der letzte offizielle Tag im SC Victoria Hamburg Trainingslager ist angebrochen. Es ist Sonntag und wir stellen uns zum letzten Mal den Wecker, heute sogar 30 Minuten früher als gewohnt, um unserer glorreichen Equipe bei ihrem 90 Minuten Victoria versus Victoria Trainingsspielchen im Stadion des CD Santanyi beizuwohnen. In feinster Kaos-Manier scheiterten wir allerdings daran, rechtzeitig in unser Mietgefährt zu steigen und gen Süden zu düsen. Das Frühstückchen wurde ausgedehnt, im Bad gehörig getrödelt und letztlich erreichte die treue Anhängerschaft der Farben Blau und Gelb das eckige Runde ein paar Minütchen zu spät. Die Mannschaften Vicky-Schwarz und Vicky-Blau „bekriegten“ sich bereits auf dem Spielfeld und zwar überraschend agil – wer hätte das gedacht, nach der durchzechten Nacht in den Clubs der Hauptstadt…
Der kaotische Tross machte es sich einmal mehr auf der feinen, vor allem aber überdachten Tribüne gemütlich und genoss die 90 Minuten Anschlusstraining. Hervorzuheben: Sowohl Ronald Lotz, als auch Trainingslager-Organisator Michael Busse gaben sich die Ehre, ersterer sogar über die volle Distanz. Nordkaos übrigens lehnte das großzügige Angebot, ebenfalls die Schuhe zum lockeren Kick zu schnüren, dankend ab. Einer muss ja auch zuschauen.
Viel zu erwähnen gibt es nicht, außer vielleicht: Es ist nicht gerade einfach, zweimal den SCV auf dem Spielfeld zu beobachten, ich habe gleich mehrfach die Orientierung verloren, a la wer spielt jetzt nochmal bei wem? Gewonnen hat auf jeden Fall Vicky! Genau genommen Vicky-Schwarz und zwar mit 2:0. Das Spielchen war ansehnlich, aber nicht überragend. Nicht selten wurde das typische Vicky-Problemchen ausgemacht: Zu umständlich vor dem Tor. Dennoch, es ist schön, endlich wieder so viele unserer Spieler auf dem Feld zu sehen, immerhin konnten zeitweise 21 reguläre SCV-Akteure gegen das Leder treten, ich erinnere mich an nicht allzu ferne Zeiten mit gerade einmal 14 Mann auf der Bank (und das auch nur Dank der Hilfe unserer Zwoten). Sogar Cem Cetinkaya konnte ein paar Minuten zum Spiel beitragen (ob der Team Schwarz oder Blau? Man weiß es nicht mehr.)
Ansonsten war es noch bemerkenswert kalt und regnerisch. Die letzten Minuten standen schon die Leute den CD Santanyi in den Startlöchern, die gleich im Anschluss ihr nächstes Punktspiel austragen sollten. Uns interessierte der Ground aber kein zweites Mal, weswegen wir mit Abpfiff fix ins Auto kletterten und den direkten Weg nach Palma suchten. Dort sollte immerhin der mallorcinische Drittligist Athletico Baleares spielen.
Wie immer auf dieser „winzigen“ Insel brauchten wir exakt 15 Minuten (Insider) und schon parkten wir bei strömendem Regen unweit der charmanten Bruchbude, die Athletico seine Heimat nennt. Schon von draußen hörten wir die Gesänge einiger bierseliger Fans. Karten gab es keine zu kaufen und so mussten wir uns einfach so den Weg unter die überdachte Tribüne schummeln, wirklich interessiert hat es keinen und schon standen wir oben unter dem Dach und genossen spanischen Drittliga-Fussi: Athletico Baleares (Platz 4) gegen Gandía (Platz 16).
Wobei „genießen“ ist sicherlich der falsche Ausdruck, sportlich war das alles wenig ansprechend – Zeit, sich genauer umzuschauen: Das Stadion ist leider die letzte Bruchbude. Das Gros der Zuschauer tummelte sich auf der halb-überdachten Tribüne, während eine 10-Mann Gruppe alleine dem nunmehr strömenden Regen hinter dem Tor trotzte. Bemerkenswert ihre zwei Zaunfahnen, einmal das St. George-Cross und dann eine „ATB Firm“ -Fahne. Auch in Sachen Klamotten blieben die Jungs dem britischen Stil treu, während sie eher Nordkaos-like das ganze Spiel melodische Liedchen intonierten.
Irgendwann stolperte Baleares den Ball schließlich ins Tor und das Publikum um uns herum erwachte aus seiner Regenstarre. Wenig später dann das 2:0 und die Nummer war gegessen, der Drops gelutscht und die Messe gelesen. Baleares marschierte an den Sonnenplatz der Tabelle und der Rentner neben uns stimmte etliche Gesänge und Klatschrhythmen an, die allerdings keiner weitertragen wollte. Kurz gegen Ende schaffte Gandía sogar noch das Unmögliche, sprich den Anschlusstreffer zum 2:1. Viel gebracht hat es den unterirdischen Kickern in Orange allerdings nicht, Baleares ließ nichts mehr anbrennen und pünktlich zum Abpfiff ließ auch der Regen nach. Die wunderschöne Bergsilhouette hinter dem Estadio klärte schließlich auf und Nordkaos fühlte sich angefixt, nun doch noch zu einem längeren Insel-Erkundungstrip aufzubrechen.
Da wir ja jetzt den südlichsten Punkt der Insel, den nördlichsten und den östlichsten auf der Habenseite hatten, sollte es heute noch zum westlichsten gehen.
Wie immer auf Mallorca reichten gefühlte 15 Minuten Fahrt über schlecht ausgebaute Serpentinen und schon standen wir in St. Elm und blickten auf eine wunderschöne Bilderbuch-Bucht, bevor wir uns dem Abenteuer Bergwelt stellten und über die Panorama-Straße an der Küste entlang gen Osten reisten. Für die Fraktion Höhenangst war es einmal mehr ein Höllentrip, für die Sektion Fotogeil ein weiteres Naturhighlight. Großartige Strecke mit unzähligen Aussichtspunkten!
Über das Meer näherten sich jedoch recht bald düstere Wolken und unser Vorhaben, die gesamte Bergroute (bis zu 1400m Höhe) zu nehmen, wurde alsbald von heftigen Hagelschauern vermasselt. Bereitwillig verzichteten wir also auf den weiteren Kick aus winzigen, total maroden, an den Seiten nur unzureichend begrenzten Bergstraßen in teils luftiger Höhe und extrem schlechten Sichtverhältnissen – auf der Straße sind wir eben nicht so heftig und nach knapp der Hälfte der Bergtour ging es zurück gen Palma. So ist es eben mit Bergexpeditionen in extreme Höhen: Wenn das Wetter nicht mitspielt, haste keine Chance…
Total ausgehungert tourten wir schließlich zurück in unseren Hood und gönnten uns lediglich einen kurzen Fotostopp am legendären „Es Trenc“, eine der schönsten Strand- und Dünenlandschaften der Insel, um den farbenfrohen Sonnenuntergang noch einmal ins Visier zu nehmen.
Nach 12 Stunden kehrten wir schließlich zurück in die idyllische Finca unserer Wahl. Obligatorisch für diesen Kurzurlaub folgte das große gemeinsame Kochen samt Mahl, bevor wir jetzt unsere letzten Getränkevorräte entsorgen und Kofferpacken müssen. Morgen geht es schließlich wieder heim und wenn ich mir vorstelle, dass dort arktische Temperaturen auf uns warten sollen, könnten wir alle wohl gut und gerne noch ein paar Wochen auf der Insel dranhängen…